Weltwissen
Seit ihrer Gründung besitzt die Universität Hamburg ein einzigartiges auslandswissenschaftliches Profil. Seinen Ursprung hat es in Hamburgs Rolle als deutsche Kolonialmetropole, die durch die koloniale Expansion profitierte. Mitwachsendem überseeischem Handel wuchs auch das Informationsbedürfnis über andere Kontinente.
So sammelten und vermittelten die Wissenschaftlichen Anstalten wie das Völkerkundemuseum oder das Botanische Museum seit den 1880er Jahren Wissen über fremde Kulturen oder pflanzliche Rohstoffe aus den Kolonien.
Ab 1908 wurden Professoren für Geografie, Orientalistik, Indologie, afrikanische und ostasiatische Sprachen und Kulturen an das neue Kolonialinstitut berufen. Sie bildeten nicht nur künftige Kolonialbeamte aus, sondern auch die Hamburger Bürgerinnen und Bürger. Sie konnten sich im Allgemeinen Vorlesungswesen in diesen Fächern weiterbilden. 1919 wurden die bestehenden Seminare und Professuren in die neue Universität überführt.
Vom kolonialen Wissen zum Wissen über die Welt
Bereits das Hochschulgesetz von 1921 legte fest, die durch das ehemalige Kolonialinstitut vorhandene Kompetenz der „Auslands- und Kolonialkunde“ zu fördern. Heute stellt das Asien-Afrika-Institut der Universität Hamburg – jenseits jeden Kolonialismus – den größten Verbund an asien- und afrikawissenschaftlichen Fächern in Deutschland dar.
Vertreten sind die Fächer Japanologie, Sinologie, Koreanistik, Vietnamistik, Thaiistik, Iranistik, Buddhist Studies, Tibetologie, Indologie, Islamwissenschaft, Austronesistik, Turkologie, Äthiopistik und Afrikanistik. Das AAI wurde im Jahre 2000 gegründet, um die Zusammenarbeit der Disziplinen zu stärken.
Botanik für die Kaufleute
Bis 2001 bot die „Angewandte Botanik“ der Universität Hamburg Dienstleistungen für Importeure von Nutzpflanzen an. Auf die Pflanzenwelt der Kolonien und deren Nutzung hatte sich bereits das 1883 gegründete Botanische Museum spezialisiert, das von Anfang an internationale Kontakte pflegte. Angeregt durch die Kaufleute richtete das Museum 1885 ein Laboratorium für Warenkunde ein und 1891 eine Abteilung für Samenkontrolle. Diese Einrichtungen, die 1919 der Universität angegliedert wurden, berieten Handelsfirmen und erstellten wissenschaftliche Gutachten zu pflanzlichen Rohprodukten. Heute spielt die Botanik eine wichtige Rolle für die Erhaltung der Biodiversität.Das Japanisches Seminar in der NS-Zeit
Wilhelm Gundert war 1936 als Nachfolger von Karl Florenz berufen worden. Die Neubesetzung des Lehrstuhls in dieser Zeit war eine politische Angelegenheit, in die sogar das Auswärtige Amt einbezogen war. Als NSDAP-Mitglied engagierte sich Gundert in der Hochschulpolitik und war von 1938 bis 1941 Rektor der Universität.
Andrang im Orchideenfach
Wann die Schreibmaschine mit den japanischen und chinesischen Schriftzeichen in die Abteilung für Sprache und Kultur Japans gelangte, ist nicht genau bekannt. Doch dürfte sie in den 1980er Jahren dort in Gebrauch gewesen sein, als das Fach plötzlich populär wurde und die Zahl der Studienanfänger stark anwuchs.
Sprache und Kultur Japans am Kolonialinstitut
Das Fach Japanologie begann in Hamburg mit einem 1914 geschaffenen Lehrstuhl. Berufen wurde Karl Florenz, der vorher Professor an der Kaiserlichen Universität Tokio gewesen war. Er war nicht nur ein herausragender Kenner seines Fachs, sondern auch für seine literarischen Übersetzungen aus dem Japanischen bekannt.
Missionare und die Afrikanistik
Missionare wollten die christliche Botschaft in den jeweiligen Muttersprachen verbreiten. Und so waren sie oft die ersten Europäer, die afrikanische Sprachen lernten und für Bibelübersetzungen in diese Sprachen sorgten. Sie veröffentlichten auch erste Beschreibungen, Wörterbücher oder Grammatiken – auch in der „Zeitschrift für Kolonialsprachen“.
Ein Lektor aus Afrika
Der Somalier Mohammed Nuur arbeitete zwischen 1917 und 1922 am Kolonialinstitut und an der Universität. Er und andere afrikanische „Sprachgehilfen“ halfen bei der Erforschung ihrer Sprachen. Die Kolonialverwaltung befürchtete allerdings, dass eine solche Tätigkeit in Hamburg die Afrikaner für die Kolonien „verdarb“.

Carl Meinhof (1857 – 1944)
Am Hamburger Kolonialinstitut entstand 1909 der weltweit erste Lehrstuhl für Afrikanistik. Berufen wurde Carl Meinhof, der als Erster Bantusprachen mit der Methode der historisch-vergleichenden Sprachwissenschaft erforscht hatte. Damit veränderte er die Perspektive auf diese Sprachen, die vorher als minderwertig galten.
Erste Fachzeitschrift für Afrikanistik
Die seit 1910 von Carl Meinhof herausgegebene und geprägte „Zeitschrift für Kolonialsprachen“ entwickelte sich rasch zu einer wegweisenden Publikation der noch jungen Afrikanistik. Nachdem Deutschland seine Kolonien 1919 verloren hatte, hieß sie „Zeitschrift für Eingeborenensprachen“ und seit 1950 „Afrika und Übersee“.Das phonetische Laboratorium
Carl Meinhof hatte das Phonetische Laboratorium 1910 gegründet. Dort konnten Wissenschaftler die phonetischen Grundlagen von Sprachen mit technischen Methoden erforschen. Dazu nutzten sie auch Sprachaufnahmen. 1919 wurde das Laboratorium ein eigenständiges Universitätsinstitut und erlangte hohes Ansehen.

Wie entstehen Laute?
Ein Teilgebiet der Phonetik ist die Artikulation. Sie untersucht, was beim Sprechen im Mund und Rachen passiert. Wie werden die Laute durch Bewegungen der Lippen, der Zunge und des Kiefers erzeugt? Dieses Wissen lässt sich auch beim Sprachunterricht ganz praktisch anwenden.Sprache und Kultur Chinas
Laut Inschrift enthält die Holzkiste eine Sammlung von Schriften von Gu Xiang zum Studium der chinesischen Siegelschrift. Mit solchen Bibliotheken reisten chinesische Gelehrte im 19. Jahrhundert. Das Objekt gehört der Abteilung für die Sprache und Kultur Chinas, die bereits 1910 am damaligen Kolonialinstitut eingerichtet wurde.
Kultur und Geschichte Indiens und Tibets
Aus Respekt wird das die Lehre der Sikh-Religion verkörpernde heilige Buch gewöhnlich mit einem Tuch umhüllt. Diese moderne Ausgabe der in Panjabi verfassten Textsammlung entstand ab 1604. Einen Lehrstuhl für die Kultur und Geschichte Indiens gab es bereits seit 1914 am Kolonialinstitut in Hamburg.Handelsinteressen
Das Staatsinstitut für Angewandte Botanik war eine unabhängige amtliche Hamburger Instanz. Es untersuchte für den Handel pflanzliche Rohstoffe und beriet die Händler. Dieses Staatsinstitut war 1912 aus dem Botanischen Museum und dem Laboratorium für Warenkunde mit seinen Abteilungen für Samenkontrolle und Pflanzenschutz hervorgegangen.
Botanische Beratung an der Börse
Die Botaniker des Staatsinstituts für Angewandte Botanik beim Kaffee nach ihrer Arbeit an der Hamburger Börse: Dort unterhielten sie seit 1912 ein Büro, um die Kaufleute auch direkt vor Ort beraten zu können. Prof. Voigt war seit 1912 Direktor des Staatsinstituts für Angewandte Botanik.
Analyse-Instrumente
In der Samenkontrolle arbeiteten vor allem Frauen. Die in Analyseschälchen abgewogenen Proben wurden auf einer Glasplatte ausgebreitet und mit Pinzette und Spatel sortiert. Mithilfe von Lupen prüften sie Qualität, Sortenreinheit, aber auch die Herkunft der Rohstoffe. Das Laboratorium war gefragt – so untersuchte es 1914 ca. 30.000 Proben.Die Saatgutprüfstelle im Laboratorium für Warenkunde
1907 zog das Botanische Museum in einen Neubau auf dem Gelände des Botanischen Gartens. Dort erhielten die Wissenschaftler des Laboratoriums und die Mitarbeiterinnen der Saatgutprüfstelle, die sogenannten technischen Hilfsarbeiterinnen, neue, moderne Arbeitsräume mit Oberlicht.
Pflanzen aus den Kolonien
Die Sammlung des Botanischen Museums konzentrierte sich vor 1919 auf Pflanzen aus den Kolonien, insbesondere auf die für die Kaufleute interessanten Nutzpflanzen. Die Erderbse stammt aus einer Versuchspflanzung in der damaligen deutschen Kolonie Togo. Die essbare Hülsenfrucht gedeiht auf armen Böden und ist trockentolerant.

Charakteristische Beikräuter
Die Samen bestimmter Arten, mit denen das Saatgut früher verunreinigt war – sogenannte Beikräuter – halfen, die Herkunftsregion der Nutzpflanzen zu bestimmen. Referenz-Samenproben oder detailgenaue Zeichnungen dienten als Vergleichsmuster. Saatgut enthält heute kaum mehr Beikräuter und daher wird die Methode nicht mehr angewandt.
Weizen aus Amerika
Die USA gehören zu den führenden Exportländern für Weizen. Um die Sortenreinheit des nordamerikanischen Weizens überprüfen zu können, aber auch zu Werbezwecken stellte der Verband der US-Weizenproduzenten solche Schautafeln mit verschiedenen Weizensorten zur Verfügung.Saatgutprüfung
In den letzten Jahren der Hamburger Saatgutprüfung wurden Reinheit, Keimfähigkeit, Lebensfähigkeit und Sortenechtheit untersucht sowie Artenbestimmungen durchgeführt. In Attesten wurde das Ergebnis festgehalten.Eine Samensammlung in Buchform
Gustav Bredemann, Direktor des Instituts für Angewandte Botanik und sein Mitarbeiter Otto Nieser gaben in den 1930er Jahren eine 17-bändige Samensammlung zum Verkauf heraus. Sie enthält die wichtigsten der in der Saatgutprüfung vorkommenden Samen von Kultur- und Unkrautarten und dazugehörige Herbarblätter.