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Neue Ideen

Neue Ideen
Forschen heißt: Neues entdecken.
Forscher kennen die bekannten Fakten ihres Fachs.
Sie entdecken Neues, wenn sie neu denken und wenn sie Ideen aus zwei Fächern zusammenbringen.
Zwei Beispiele:
  • Agathe Lasch war Professorin.
Sie forschte über deutsche Sprache und Literatur.
Sie fragte: Wie entwickeln sich Sprachen?
Verändern Gesellschaft und Kultur Sprache?
  • Erwin Panofsky war Professor für Kunst·geschichte.
Er fragte: Wie beeinflusst Kultur ein Kunstwerk?
Was sagt das Kunstwerk über die Kultur seiner Zeit?

Neue Idee über Kunst: Erwin Panofsky

Früher war die Frage: Wie ist das Kunstwerk gemacht?
Erwin Panofsky hatte neue Fragen:
  • Was zeigt das Kunstwerk?
  • Wie zeigt das das Kunstwerk?
  • Was sagt das Kunstwerk damit aus?
Erwin Panofsky leitete die Forschung zur Kunst·geschichte an der Uni Hamburg.
Erwin Panofsky entwickelte eine Methode. Sie heißt „Ikono·logie“.
Mit der Methode findet man die Bedeutung eines Kunstwerks.
1933 kamen die National·sozialisten, sie entließen Erwin Panofsky.
Er ging in die USA. Panofskys Methode hat in Hamburg überdauert: Forscher haben neue Ideen zur Ikono·logie.
Seminar-Ausflug: Studenten und Erwin Panofsky, um 1930
Warburg-Archiv im Warburg-Haus
Ausflug mit Studenten (Erwin Panofsky, rauchend, Dritter von rechts), um 1930.

Neue Idee über Sprache: Agathe Lasch

Sprach·wissenschaftler fragen: Wie verändert sich Sprache?
Wie verändern sich die Laute?
Agathe Lasch fragte:
  • Wie ändern Menschen die Sprache?
  • Wie ändert Kultur die Sprache?
  • Wie ändert Politik die Sprache?
Ihre Idee: Worte sind verbunden mit dem Leben.
Agathe Lasche schrieb auch an zwei Wörterbüchern:
  • über eine frühe Form der deutschen Sprache,
  • über die Sprache in Hamburg.
Ein Nazi-Gesetz verbot Juden die Arbeit an der Uni.
Agathe Lasch war Jüdin, sie musste gehen.
Die National·sozialisten haben Agathe Lasch 1942 ermordet.
Wohnung von Agathe Lasch in Hamburg im Jahr 1930.
Satu Helomaa, Kauniainen, Finnland (aus dem Nachlass von Martta Jaatinen)
Wohnung von Agathe Lasch in Hamburg im Jahr 1930.

Ein guter Lehrer: Erwin Panofsky (1892 – 1968)

Erwin Panofsky, der Professor für Kunst·geschichte, war ein guter Lehrer.
Mit seinen Studenten verband ihn eine besondere Gemeinschaft.
1964 sagte er: Die Begeisterung der Studenten in Hamburg war einzigartig.
Das Foto zeigt Erwin Panofsky, hinter ihm seine Frau Dora.
Seminar-Ausflug: Studenten und Erwin Panofsky, um 1930
Warburg-Archiv im Warburg-Haus, Hamburg
Ausflug mit Studenten (Erwin Panofsky, rauchend, Dritter von rechts), um 1930.

Ein Gelehrter: Aby Warburg (1866 – 1929)

Aby Warburg entdeckte: Motive der Antike sind auf Bildern späterer Epochen zu sehen.
Warburgs Idee: Kennt man die Geschichte der Motive, versteht man, was das Kunstwerk bedeutet.
Die Idee hatte Aby Warburg um 1912.
Diese Methode nannte er „Ikono·logie“. (Das Wort „Ikon“ kommt aus dem Griechischen und bedeutet „Bild“.)
Aby Warburg, 1925
Warburg-Institute Archive, London
Aby Warburg, 1925.

Ein Erinnerer: Martin Warnke (*1937)

Martin Warnke war von 1978 bis 2003 Professor für Kunst·geschichte.
Martin Warnke erinnerte an Anfänge des Fachs in Hamburg und die gute Forschung damals.
Er half das Haus von Aby Warburg zurückzukaufen.
Das Warburg-Haus nutzte er für die Forschung. Martin Warnke führte die Idee von Aby Warburg weiter und forschte zu „politischer Ikono·grafie“.
Martin Warnke im Lesesaal des Warburg-Hauses, 2017
Universität Hamburg, Foto: Michel Dingler
Martin Warnke im Lesesaal des Warburg-Hauses, 2017.

Bücher als Nachbarn

Aby Warburgs Bibliothek war halb privat und halb öffentlich.
Die Bücher waren nicht nach dem Alphabet sortiert, sondern nach Themen.
Insgesamt gab es sechzig·tausend Bücher.
Erwin Panofsky war oft in der Bibliothek und unterhielt sich viel mit Aby Warburg.
1933 kamen die Bücher nach London.
Erwin Panofsky ging in die USA.
Lesesaal der Bibliothek von Aby Warburg, 1926.
Warburg-Institute Archive, London
Lesesaal der Bibliothek von Aby Warburg, 1926.

Bilder zeigen

Mit diesem Gerät zeigt man große Dias und andere Bilder (zum Beispiel Bilder aus Büchern).
Das Gerät vergrößert die Dias und Bilder und wirft (oder: projiziert) sie auf eine Wand.
Das war praktisch, denn Bilder (für den Unterricht) zu besorgen war teuer.
Wahrscheinlich benutzte auch Erwin Panofsky das Gerät.
Dia-Gerät, ca. 100 Jahre alt
Universität Hamburg, Kunstgeschichtliches Seminar, Mediathek, Foto: Plessing/Scheiblich
Dia-Gerät (Spiegel und Objektiv fehlen), um 1925.

Understanding an artwork in three steps

Erwin Panofsky zeigte Studenten in seinen Vorlesungen Bilder.
Dazu benutzte er große Dias.
Die Dias mussten beschrifteten werden.
Das war viel Arbeit. Erwin Panofsky machte das selber.
Erst 1926 gab es den Posten als Professor für Kunst·geschichte.
Und Panofsky wurde Professor.
Panofsky sagte: Bisher war ich Assistent ohne Professor, jetzt bin ich Professor ohne Assistent.
Von Panofsky beschriftetes Dia einer Kirche in Frankreich
Universität Hamburg, Kunstgeschichtliches Seminar, Mediathek, Foto: Plessing/Scheiblich
Groß-Dia, von Panofsky beschriftet, 1920er-Jahre.

Kunstwerke verstehen

Panofskys Ikono·logie funktioniert in drei Schritten: erst ein Bild formal beschreiben, dann die Motive analysieren und zuletzt den Sinn der Motive herausfinden.
Panofsky wollte damit zeigen, dass ein Kunstwerk mehrere Bedeutungen hat.
Die Methode entwickelte Panofsky in Hamburg.
Berühmt wurde er aber erst in den USA.
Mitschrift eines Studenten von 1932: Der Student schrieb auf, was Erwin Panofsky sagte.

Bilder und Politik

An der Uni Hamburg gibt es eine Forschungs·stelle für Politische Ikono·grafie.
Dort gibt es eine spezielle Bibliothek.
Die Forscher arbeiten hier mit Bild-Karten: Es gibt zwei·hundert·tausend Bild-Karten für über hundert Schlagworte.
So können Kunst·historiker politische Aussagen von Bildern erforschen, von der Antike bis heute.
Bild-Index zur Politischen Ikono·grafie, 1993.
Bild-Karten zum Schlagwort "Gesten", ab 1991.

Bilder deuten

2011 brachte Martin Warnke zusammen mit anderen Kunst·historikern das Buch heraus.
Das Handbuch hilft Bilder zu deuten.
Die Wissenschaftler erklären in dem Buch, woher die Motive stammen und welche politische Bedeutung die Bilder haben.
Handbuch der Politischen Ikono·grafie, Band 1 und 2 von 2011.

Hamburgs erste Professorin

1926 schafft die Uni eine Stelle für Sprach·wissenschaft, genauer: für Nieder·deutsch.
Die Uni Hamburg wollte, dass Agathe Lasch die Professorin wird.
Die Behörde musste die Stelle genehmigen.
Die Behörde war skeptisch: Eine Frau als Professorin?
Die Uni antwortete: Ja, ausnahmsweise eine Frau.
Artikel von Prof. Dr. Agathe Lasch in den „Hamburger Nachrichten“ von 1927.

Sprach-Forscherin: Agathe lasch (1879 – 1942)

Agathe Lasch bekam die Stelle als Professorin.
Und 1927 wurde sie Mit·direktorin des Faches.
Nun konnte Agathe Lasch sich eine Wohnung mit einem Arbeits·zimmer leisten.
Agathe Lasch arbeitete sehr viel: Sie forschte und lehrte.
Und sie arbeitete an den Wörterbüchern: das Hamburgische Wörterbuch und das Mittel·nieder·deutsche Wörterbuch.
Agathe Lasch 1930 in ihrer Wohnung in Hamburg.
Satu Helomaa, Kauniainen, Finnland (aus dem Nachlass von Martta Jaatinen)
Agathe Lasch 1930 in ihrer Wohnung in Hamburg.

Ein Grammatik-Buch

Agathe Lasch arbeitete lange an einem besonderen Buch: ein Grammatik-Buch über Nieder·deutsch. (Zu den nieder·deutschen Sprachen gehören zum Beispiel Plattdeutsch und Niederländisch.)
Andere Sprach·wissenschaftler hatten das Buch mit Spannung erwartet.
Das Buch erschien 1914.
Bis heute ist die Grammatik ein wichtiges Buch für Forscher.
1974 wurde das Buch nachgedruckt.
Agathe Lasch, Mittel·nieder·deutsche Grammatik, 1914.

Die Sprache in Berlin

Agathe Lasch war in Berlin geboren worden.
Sie schrieb auch ein Buch über die Sprache in Berlin.
Sie lauschte den Gesprächen von Kutschern in Berlin und sie las Briefe von Gelehrten aus Berlin: So erforschte sie die Sprache der Berliner.
Agathe Lasch war die erste Wissenschaftlerin, die die Sprache in einer Stadt erforschte.
Universität Hamburg, Foto: Plessing/Scheiblich
Agathe Lasch, Berlinisch – Eine berlinische Sprach·geschichte, 1928.
Universität Hamburg, Foto: Plessing/Scheiblich
Agathe Lasch, Berlinisch – Eine berlinische Sprach·geschichte, 1928.

Wörter sammeln

1923 begann Agathe Lasch mit der Arbeit am mittel·nieder·deutschen Wörterbuch.
Für das Wörterbuch sammelte sie Wörter.
Sie las zum Beispiel „Reineke, der Fuchs“ auf Nieder·deutsch.
Agathe Lasch schrieb einzelne Wörter (zum Beispiel „achterstan“) auf einen Zettel.
Notiz zum Mittel·nieder·deutschen Handwörterbuch von Agathe Lasch
Universität Hamburg, Institut für Germanistik, Foto: Plessing/Scheiblich
Mittel·nieder·deutsches Handwörterbuch, a bis attik, 1928. Belegzettel „achter·stan“ mit der Handschrift von Agathe Lasch, 1920er-Jahre. Nieder·deutsches Buch „Reinke de vos“ von 1887.

Wörterbuch für Forscher

Mittel·nieder·deutsch sprachen Kaufleute der Hansestädte vom 13. bis ins 17. Jahrhundert.
Das Wörterbuch für Mittel·nieder·deutsch benutzen heute viele Forscher: zum Beispiel Wissenschaftler, die über Geschichte forschen, über Sprachen und Literatur.
Mittel·nieder·deutsches Handwörterbuch, Einundvierzigste Lieferung, Band III, Teil 3, 2019.